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Text/Bild: Delil Geyik
Geschätzte Lesezeit: 15 Minuten

Thema: Landschaftsfotografie

NATURVERBUNDEN

Das Fotografieren von Landschaften mag einfach erscheinen, wenn man von so viel Schönheit in der freien Natur umgeben ist. Aber um ein wirklich großartiges Foto schießen, das man stolz mit Freunden teilt, im Internet postet oder Erinnerung an die Wand hängt, gehört doch mehr dazu, als nur die Kamera zu zücken und im Vorbeigehen ein paar Bilder zu schießen. Und selbst wenn Sie die grundlegenden Konzepte der Fotografie wie das Zusammenspiel von Blende und Verschlusszeit oder die Bildgestaltung bereits verinnerlicht haben, gibt es noch einige Dinge, die die Chancen auf ein atemberaubendes Landschaftsfoto erhöhen. Die folgenden Tipps helfen Ihnen bei Ihrer Landschaftsfotografie.

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Eystrahorn Island, Sony A7 III, ZEISS Batis 18mm 2.8, Vordergrund: f11 0,5 Sek ISO 400
 

DIE VORBEREITUNG

 

1. Lernen Sie Ihre Kamera kennen.

Egal, ob Sie eine APS-C-, Vollformat- oder Mittelformatkamera nutzen: Sie müssen genau wissen, wie Sie Ihre Ausrüstung einsetzten, bevor Sie sich auf den Weg machen. Nichts ist nervenaufreibender, als sich vor Ort durch die Menüs wühlen zu müssen. Verbringen Sie daher schon zu Hause einige Zeit mit der Kamera, um ihre Funktionen zu erkunden. Machen Sie sich beispielsweise damit vertraut, wie die Einstellungen der Verschlusszeit, Blende, ISO funktionieren oder wie Sie eine Langzeitbelichtung starten.

 

2. Recherchieren Sie den Standort

Wenn Sie an einen Ort fahren, an dem Sie vorher noch nie waren, durchforsten Sie bereits vorab das Internet danach. Suchen Sie nach Informationen über gute Aussichtspunkte und schöne Gegenden, die Ihnen interessant erscheinen.

Sie können sogar versuchen, „Google Street View“ zu verwenden. Mit der meist ziemlich detaillierten Karte erhalten Sie eine kleine Vorschau auf die zu erwartende Umgebung. Mit all den gesammelten Informationen können Sie anschließend gut arbeiten. Malen Sie sich aus, wie das perfekte Landschaftsfoto für Sie aussehen könnte, und überlegen Sie, was für eben diese Aufnahme nötig ist.

 

3. Erkunden Sie den Standort

Eine der vermutlich wichtigsten Regeln: Nehmen Sie sich Zeit, um den Standort in Ruhe auszukundschaften. Vielleicht ist es möglich, die Gegend vorab mehrmals bei der Unterschiedlichen Lichtverhältnissen zu besuchen. So bekommen Sie eine genaue Vorstellung davon, zu welcher Zeit Sie am Aufnahmeort sein müssen. Sind keine ausführlichen Planungen möglich, weil Sie schon auf dem Weg zur Location sind, nehmen Sie sich dort die Zeit, um in Position zu gehen. Dies kann bedeuten, dass Sie schon eine Stunde vor der goldenen Stunde auf einen Bergrücken oder zu einem Bergsee wandern. Und sie werden diese zusätzliche Zeit brauchen, um genau zu bestimmen, wo Sie sich aufstellen, welche Kameraeinstellungen Sie verwenden und was Sie in das Foto mit einbeziehen möchten, etwa Bäume, Felsen oder gar Menschen.

 

4. Goldene Stunde

Fotografen bezeichnen die Zeit kurz nach Sonnenauf- beziehungsweise vor Sonnenuntergang als die goldene Stunde, manchmal trifft man auch auf die Bezeichnung magische Stunde.

Den Grund dafür findet ein Fotograf im schönen diffusen Licht, das durch die tief am Himmel stehende Sonne entsteht.

Um ein wirklich atemberaubendes Landschaftsfoto zu erhalten, gehen Sie möglichst während dieser Zeit hinaus und machen Sie viele Fotos. Wenn die Sonne tief am Horizont steht, verleiht das der Szenerie einen warmen Glanz und Sie können lange Schatten einfangen. Die erzeugt in den Bilder Tiefe und regt das Interesse an. Damit Sie wissen, wann Sie losmüssen, um rechtzeitig vor Ort zu sein, gibt es kleine Helfer, die Sie unterstützen.

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Vestrahorn Island, Sony A7 III, ZEISS Batis 18mm 2.8, Vordergrund: f6 0,5 Sek ISO 200
 

DIE EINSTELLUNGEN

 

  • Blende

Eines der Ziele bei der Aufnahme von Landschaftsbildern ist es, ein außergewöhnliches scharfes und klares Bild zu erhalten. Die gewählten Belichtungseinstellungen haben darauf Einfluss. Es empfiehlt sich, mit einer Blende zu fotografieren, die etwa zwei bis drei Blendenstufen über der kleinstmöglichen liegt. Eine mittlere Blende, wie etwa f8, funktioniert meist gut. Vorsicht: Ein Blendenwert, der zu weit an einem der beiden Enden des Spektrums liegt, wie f2.8 oder f22, kann zu einer Verringerung der Schärfe führen. Enthält ihr Landschaftsfoto Elemente im Vorder-, Mittel- und Hintergrund, möchten Sie vielleicht bewusst mit der Blende spielen, um einen bestimmten kreativen Effekt zu erzielen und Teilbereiche hervorzuheben. Merke: Für eine große Schärfentiefe, bei der Elemente im Vorder- und Hintergrund scharf abgebildet sind, wählen Sie etwas im Vordergrund verschwimmen lassen wollen, ist eine kleine Blendenzahl wie f2.8 einzustellen.

 

  • ISO

Für die beste Bildqualität achten Sie auf die Wahl der richtigen ISO-Empfindlichkeit. Setzen Sie sie so niedrig wie möglich an und wählen Sie gleichzeitig eine Blende und Verschlusszeit, die Ihren Anforderungen entspricht. Dadurch verhindern Sie dass das Bild körnig wird und Bildrauschen die Schärfe zerstört. Eine ISO-Einstellung im Bereich von Iso 100 bis 400 hat sich in der Praxi bewährt. Behalten Sie jedoch im Hinterkopf, dass Sie Ihre Aufnahme auf keinen Fall verpassen wollen, weil Sie mit einer niedrigen ISO-Einstellung fotografieren möchten. Wenn Sie also den ISO-Wert erhöhen müssen, um eine bestimmte Blende oder Verschlusszeit nutzen zu können, dann tun Sie das.

 

  • Raw

JPGE und RAW verwenden die gleiche Anzahl von Pixel, aber die RAW-Datei ist etwa fünfmal größer als die eines klassischen JPGEs. Diese zusätzlichen Dateigröße kommt von Bilddaten, die nur die RAW-Dateien behält. Bei der Speicherung oder Umwandlung ins JPGE-Format werden diese verworfen. Durch diese zusätzlichen Informationen steht in der Nachbearbeitung ein viel größeres Spektrum im Bereich von Belichtung, Farbe und Weißabgleich zur Verfügung. Deshalb: Fotografieren Sie immer (auch) im RAW-Modus.

  • Histogramm

​Histogramme sind ein weiterer Schritt zu einem professionelleren Arbeitsablauf. Sie sind eine mathematische Überprüfung, wie gleichmäßig die Belichtung im Bild verteilt ist. Das Histogramm ist also ein eindeutiger Indikator, um schon vor der Aufnahme Unter- oder Überbelichtung zu erkennen. Die Verwendung des Kamera-Display zur Bestimmung von Lichtern und Schatten kann hingegen irreführend sein. Dies hängt mit dem verfügbaren Umgebungslicht und auch Reflexionen zusammen.

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DAS EQUIPMENT

 

  • Objektiv

Die Kosten für Objektive liegen grob zwischen 150 und 3.000 Euro und man könnte meinen, je höher der Preis, desto besser die Optik. Meistens stimmt das wohl. Aber es gibt auch andere Faktoren, die es zu berücksichtigen gilt. Denn alle Arten von Objektiven folgen unterschiedlichen Anforderungen. Und für die Landschafsfotografie suchen wir in der Regel nach einem bestimmten Objektiv: Ein starkes Weinwinkel mit großer Schärfe bei kleinen Blenden, wie beispielweiße bei den beiden Zeiss-Objektive. Doch merke: Das Teuerste bedeutet nicht immer das Beste. Manchmal kann auch ein preiswertes Objektiv erstaunlich gute Dienste leisten.

 

  • Stativ

Um die Landschaft möglichst Scharf abbilden zu können, ist ein stabiles Stativ unverzichtbar. Dessen Bauart und Ausführung sollte garantieren, dass es selbst bei Wind und einer Belichtungszeit von beispielsweise 30 Sekunden absolut sicher steht.

Zusätzlich können Sie einen Fernauslöser verwenden, damit sie ihre Kamera zum Auslösen nicht berühren müssen.  Unbedingt erforderlich ist diese jedoch nicht, denn im Grunde besitzt jede Kamera einen integrierten Selbstauslöser, der sich schnell aktivieren lässt.

 

  • Polarisationsfilter

Viele Landschaftsfotografen verwenden einen Polarisationsfilter. Mit seiner Hilfe verstärken Sie Farben und Kontraste und Reduzieren gleichzeitig Blendeneffekte in ihren Bildern. Polfilter können besonders nützlich sein, wenn sie Szenen mit Wasser, Himmel oder viel Reflektionen aufnehmen. So heben Sie mit einem Dreh etwa das leuchtende Blau des Himmels hervor oder reduzieren die glänzenden Reflexe des Wassers. Auf diese Weise können Sie sogar einen Blick unter die Wasseroberfläche erhaschen. Die meisten Polfilter Werden vorne auf das Kameraobjektiv geschraubt und mit der Hand in Position gedreht. So steigt der Fotograf die Stärke des Polarisationseffekts ein. Ein zusätzlicher Bonus: der Filter schützt gleichzeitig das Glas ihres Objektivs vor Kratzern und andere Schäden.

 

  • ND- und Verlaufsfilter

Sie werden schnell feststellen, dass an einem sehr hellen Tag Teile ihres Bildes überbelichtet sind, in den meisten Fällen der Himmel. Der Grund: Er ist in der Regel deutlich heller als die Landschaft oder das Stadtbild, dass sie fotografieren. Für die Landschaftsfotografie Kommen deshalb meist so genannte Neutraldichtefilter (auch ND-Filter oder Graufilter genannt) zum Einsatz, bevorzugt als Verlaufsfilter. Letzterer weist – wie der Name sagt – einen Verlauf auf, von transparent an einem Ende bis voll abdunkelnd am anderen.  So haben sie schon bei der Aufnahme den überbelichteten Bereich im Griff. Doch auch der normale Graufilter findet sich in der Landschaftsfotografie sehr häufig. Er lässt dank langer Belichtungszeiten Menschen auf Plätzen verschwinden, bringt Wolken in Bewegung, glättet die Oberfläche eines Sees und verwandelt reißende Wasserfälle in Watte.

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DIE APPS

 

Sie machen das Fotografenleben leichter und die kleinen digitalen Helfer hat ein Fotograf dank Smartphone immer griffbereit dabei. Sie unterstützen dabei, den Sonnenstand zu ermitteln, sagen das Wetter vorher und berechnen die Verschlusszeit beim Filtereinsatz.

 

Sun Surveyor

Die App „Sun Surveyor“ prognostiziert den Stand der Sonne zu jeder Tageszeit. Somit ist es für Fotografen einfach, den optimalen Zeitpunkt für ein Shooting zu finden. Mit dieser Fotografie minus App sehen Sie auf einen Blick, um welche Uhrzeit die Blaue Stunde an an diesem Tag beginnt.

Die 3D-Projektion der Sonne und Visualisierung der Sonnen- oder Mondstände hilft folglich, die Zeit richtig einzuplanen.

 

Weather Underground

Natürlich spielt auch der Wetterbericht eine zentrale Rolle bei der Planung von Outdoor-Fotografiert – wer wird schon gerne überrascht. Wetter-Apps gibt’s wie Sand am Meer, trotzdem sticht eine heraus. „Weather Underground“ spezialisiert sich auf präzise lokale Wettervorhersagen. Die App nutzt dafür zusätzlich zu den üblichen Daten Quellen noch 33.000 private Wetterstation weltweit.

 

ND-Filter-Rechner

Wer einen ND-Filter einsetzt, muss die Belichtungszeit anpassen. Doch welche ist die richtige? Für ideale Belichtungszeiten bei Aufnahmen mit Graufilter gibt es verschiedene Apps, etwa „Big Stopper“ (LEE Stopper Exposure Guide). Diese Rechner funktionieren einfach und sind sehr hilfreich. Führen Sie zuerst die Belichtungsmessung an der Kamera ohne den Graufilter aus und geben Sie die von der Kamera ermittelten Werte für Verschlusszeit, Blende und ISO sowie die Stärke des Filters in die App ein. Sie berechnet dann die korrekte Belichtungszeit für die Aufnahme mit Filter. Diese Angaben verwenden Sie anschließend im manuellen Modus der Kamera, um ein korrekt belichtetes Bild zu erhalten.

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© Sun Serveyor

© Weather Underground

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© LEE Stopper APP

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Ich hoffe, dass Ihnen diese Tipps den Einstieg in die Landschaftsfotografie erleichtern und Sie damit erfolgreich fotografieren können. Mit etwas Übung werden Sie bestimmt tolle Resultate erzielen.

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